Da mich in letzter Zeit mehrere Anfragen zur Ausgestaltung der AAO erreicht haben und gerade ein wenig Zeit übrig ist, habe ich mich dazu entschlossen, das von mir entwickelte und angewandte System genauer vorzustellen und in diesem Beitrag ggf. zur Diskussion zu stellen. Das System verkörpert eine bayerische Systematik ohne Berufsfeuerwehren. So wie ich das sehe, wären solche aber mit nur kleinen Ergänzungen integrierbar. Die folgenden Erläuterungen erfordern einiges an Abstraktionsvermögen, wenn man das System einmal verstanden hat, ist es aber denkbar einfach und logisch.
Anforderungen:
- Abbildung einer primären Zuständigkeit von lokalen Einheiten, die bedarfsweise durch andere Einheiten unterstützt werden
- die AAO soll immer funktionieren, unabhängig davon, ob in den Ortsteilen Einheiten hinterlegt sind oder nicht
- regionale/lokale Besonderheiten sollen berücksichtigt werden können
- Änderungen am Bestand von Fahrzeugen oder Ausrüstungen sollen möglichst geringe Auswirkungen haben
- insb. bei größeren Einheiten soll eine Ausdifferenzierung nach Meldebild möglich sein, sodass nicht zwangsläufig die komplette Einheit ausrücken muss
Kurze Wiederholung der Grundlagen: - eine AAO setzt sich aus vier Komponenten zusammen: Stichwort, Rettungsmittel, Ausrüstung und Ortsteile
- es existieren grob zwei Möglichkeiten, einen konkreten Fahrzeugvorschlag zu generieren:
-
Ausrüstungsbasiert:
Rettungsmitteln werden Ausrüstungsgegenstände zugewiesen; das Stichwort fordert bestimmte Ausrüstungsgegenstände, woraufhin das System anhand von Luftlinienrouting diejenigen Fahrzeuge ermittelt und vorschlägt, welche die benötigte Ausrüstung in kürzester Distanz zum Einsatzort aufweisen; Einträge bei den Ortsteilen sind hier nicht erforderlich -
Zuständigkeitsbasiert:
Rettungsmitteln werden per Freitexteingabe einer bestimmten Einheit zugewiesen (z.B. „LZ_A“); derselbe Eintrag erfolgt in denjenigen Ortsteilen, in denen die jeweilige Einheit zuständig ist; die Stichwörter, die eine solche Einheit benötigen, erhalten entweder ebenso denselben Eintrag oder ein allgemeines Format (hier wäre das „LZ_*
); nur wenn die Einträge des wenn betroffenen Ortsteils, des Fahrzeugs und des verwendeten Stichworts übereinstimmen, wird der gewünschte Fahrzeugvorschlag generiert (die Fahrzeuge müssen aber dennoch über Ausrüstungsgegenstände verfügen, um den Einsatz abarbeiten zu können)
- zuständigkeitsbasierte und ausrüstungsbasierte AAO können auch kombiniert werden: dann wird primär die zuständigkeitsbasierte AAO verwendet und nur dann wenn noch Ausrüstungsgegenstände fehlen (also auch dann, wenn in den Ortsteilen keine AAO angelegt ist), werden diese per Routing ermittelt und vorgeschlagen; im Adminbereich ist hierzu die Einstellung zu wählen, dass fehlende Ausrüstung trotz gefundener AAO einbezogen werden soll
Jetzt zum System:
Basis-Level (ausrüstungsbasierte AAO)
- als Grundlage muss zunächst die ausrüstungsbasierte AAO entwickelt werden und Hand und Fuß haben; da die Ausrüstungsgegenstände bereits vorgegeben sind, ist das relativ einfach, allerdings sollte man sich bereits an diesem Punkt überlegenen, welche eigenen Ausrüstungsgegenstände man zusätzlich anlegen will (in meinem Fall z.B. VSA, Wärmebildkamera, Staffel/Gruppe, Defi)
- bei den Stichwörtern ist nun die jeweils erforderliche Anzahl der Ausrüstungsgegenstände zu hinterlegen (hier sind Mehrfachnennungen möglich und sinnvoll)
- gleichermaßen müssen die Ausrüstungsgegenstände bei den jeweiligen Fahrzeugen eingepflegt werden (hier nur Einfachnennung möglich)
- als sehr empfehlenswert hat sich der Einbau der Ausrüstung Staffel/Gruppe erwiesen, welche an Fahrzeuge vergeben wird, die mindestens in Staffelbesetzung unterwegs sind; auf diese Weise wird andeutungsweise sichergestellt, dass eine realistische Mannschaftsstärke erreicht wird, etwa wenn ein Stichwort mehrere Staffel-/Gruppen erfordert; verzichtet man darauf, werden All-Rounder-Fahrzeuge wie HLF viele (auch größere) Einsätze eigenständig abarbeiten, weil sie viele der benötigten Ausrüstungsgegenstände kompakt in einem Fahrzeug mitführen
- die ausrüstungsbasierte AAO funktioniert nun
Vertiefungs-Level (zuständigkeitsbasierte AAO)
- jetzt sollen Zuständigkeiten sinnvoll angelegt werden; im Kern geht es darum, zu vermeiden, dass große Feuerwehren mit übermäßig vielen Fahrzeugen zu Kleineinsätzen ausrücken
- hierzu sollten die denkbaren Einsatzgründe bzw. die bestehenden Stichworte in sinnvolle Kategorien eingeteilt werden; Beispiele: Brand klein/mittel/groß, Technische Hilfeleistung klein/mittel/groß, Gefahrgut klein/mittel/groß, Tragehilfe, Drehleiteranforderung RD, Wasserrettung, Höhenrettung usw…
- eine spätere Änderung der Kategorien wird sehr umständlich, die Wahl sollte daher wohl durchdacht sein
- die hier festgelegten Kategorien erhalten Kurzbezeichnungen; Beispiele: Brand mittel = BM; Brand groß = BG; Technische Hilfeleistung groß = TG, Tragehilfe = TRGH usw.
- jetzt werden alle Fahrzeuge der größeren Feuerwehren denjenigen Kategorien zugewiesen, bei denen sie zum Einsatz kommen sollen und zwar mit dem Präfix OFG_ (OFG steht für Ortsfeuerwehr groß, brauchen wir gleich noch)
- als Suffix weisen wir dann noch die für die jeweilige Einheit gewählte Abkürzung für den Ort zu (Format: _ORT)
- Beispiele für ein HLF, das sowohl zu lösch- als auch technischen Einsätzen ausrückt: OFG_BK_X, OFG_BM_X, OFG_BG_X, OFG_TK_X, OFG_TM_X, OFG_TG_X usw.; ein TLF bekäme nach dem Schema dann z.B. nur OFG_BM_X, OFG_BG_X
- bei den Ortsteilen, für die die jeweilige Einheit zuständig ist, hinterlegen wir dann im selben Format wie bei den Fahrzeugen die komplette Reihe aller Kategorien, sodass alle Einsatzarten abgebildet werden
- bei den Stichwörtern legen wir die gewünschte Kategorie an, verzichten aber auf den Ortszusatz und ersetzen ihn durch ein Sternchen. Beispielsweise erhalten alle Stichworten zu Kleinbränden den Eintrag OFG_BK_
*
; Verkehrsunfälle mit einer eingeklemmten Person erhalten z.B. OFG_TM_*
. - eine kleine Abkürzung können wir bei kleineren Feuerwehren nehmen, die bei jedem Alarm grundsätzlich mit allen Fahrzeugen rausfahren und eine Abstufung daher nicht nötig ist (in meinem Fall alle Wehren mit maximal 2 Fahrzeugen)
- hier verwenden wird das Präfix OFK_ (steht für Ortsfeuerwehr klein); auch hierfür brauchen wir eine Abkürzung für den jeweiligen Ort z.B. _Y
- nun erhalten alle Fahrzeuge dieser kleinen Ortsfeuerwehr den Eintrag OFK_Y; denselben Eintrag erhalten diejenigen Ortsteile, für die diese Einheit zuständig ist
- bei allen Feuerwehr-Stichwörtern tragen wir in Ergänzung zu den OFG-Einträgen nun OFK_
*
ein und verknüpfen die beiden mittels UND-Funktion, sodass z.B. bei einem Großbrand-Schlagwort folgendes Format entsteht OFG_BG_*
, OFK_*
(die UND-Funktion ist hier nicht schädlich, da sich die tatsächliche Zuständigkeit aus den Einträgen in den Ortsteilen ergibt)
Wer bis hierhin kommt, hat bereits eine ausdifferenzierte AAO, die im Alltag absolut tauglich ist und bei fehlender Ausrüstung auf Luftlinienrouting zurückgreift. Wer letzteres auch noch vermeiden will, der kann noch zur folgenden Stufe weiterschreiten:
Advanced-Level (Ausrüstung zusätzlich zuständigkeitsbasiert)
- wir haben soeben einzelne Fahrzeuge mit den OFG_- und OFK_- Bezeichnungen bestimmten Einheiten/Gruppen zugewiesen
- auf dieselbe Art und Weise können wir auch die angelegten Ausrüstungsgegenstände hinterlegen; das ist sehr aufwendig, kann aber durchaus einige Vorteile haben, z.B. kann beim überörtlichen Einsatz einer Drehleiter noch ein TLF mit ausrücken oder in Fluss-/Bergnähe verhindert werden, dass das Luftlinienrouting unplausible Vorschläge generiert
- beim Advanced-Level geht es somit nicht mehr um die primären Zuständigkeiten, sondern ausschließlich um die Abbildung von Nachbarschaftseinsätzen
- das schöne ist: das Advanced-Level ist optional und kann auch nur in ausgewählten Gegenden zum Einsatz kommen; dort wo es nicht angelegt ist, greifen schließlich Basis- bzw. Vertiefungslevel
- wir überlegen uns nun für alle Ausrüstungsgegenstände Abkürzungen, Beispiele:
o Beleuchtung: BEL_*
o Ölschadensbekämpfung: ÖL_*
o Löschwassertank 1600L: 1600_*
o Löschwassertank 2400L: 2400_*
o Hubrettungsfahrzeug: HUB_*
o Rüstsatz: RÜS_*
o Wärmebildkamera: WMB_*
o Staffel/Gruppe: STAGRU_*
o usw. - da spätere Änderungen schwierig werden, ist auch hier ratsam, alle möglichen und sinnvollen Ausrüstungsgegenstände vorab zu durchdenken und anzulegen
- bei den Stichwörtern legt man nun die benötigte Ausrüstung nicht nur in der Klickstruktur (= Luftlinienrouting), sondern zusätzlich auch als Einheit an; Beispiel: ein mittelgroßer Verkehrsunfall fordert Beleuchtung, Ölschadensbekämpfung, 3 Gruppen und 2 Rüstsätze: OFG_TM_
*
, OFK_*
, BEL_*
, ÖL_*
, STAGRU_*
, STAGRU_*
, STAGRU_*
, RÜS_*
, RÜS_*
bei den Fahrzeugen machen wir nun entsprechende Eintragungen mit dem jeweils gewählten Ortskürzel; da ein Ausrüstungsgegenstand womöglich auf mehreren Fahrzeugen derselben Feuerwehr vorhanden ist, sollte hier unbedingt, mittels Suffix eine Durchnummerierung vorgenommen werden; Beispiel: Eine Feuerwehr hat ein TLF und ein HLF, das LF hat einen Löschwassertank von mind. 2.400L, das HLF nur 1.600L; Ausgangspunkt ist nun die Frage, welches Fahrzeug bei überregionaler Anforderung dieser Ausrüstungsgegenstände zuerst ausrücken soll und welches nur als Backup; man könnte beispielsweise festlegen, dass bei einer Anforderung von nur 1.600L zuerst das HLF fahren soll und das TLF erst bei 2.400L; da das TLF ja 2.400L Wasser mitführt, hat es logischerweise neben 2400_*
auch die Ausrüstung 1600_*
d.h. es soll auch dann ausrücken können, wenn auf überregionale Anforderung von 1600_ das HLF verhindert ist; dann könnten die Zuweisungen der beiden Fahrzeuge folgendermaßen aussehen:
HLF: OFG_BK_X, OFG_BM_X, OFG_BG_X, 1600_X_1, STAGRU_1, BEL_1, RÜS_1
TLF: OFG_BM_X, OFG_BG_X, 1600_X_2, 2400_X_1, BEL_2 - der große Vorteil für die Feinschmecker: jede Ausrüstung kann hier wiederum beliebig vielen Fahrzeugen zugewiesen werden, d.h., wenn die betroffene Feuerwehr bei überregionaler Anforderung eines 2.400L-Löschwassertanks noch ihre DLK mitschicken will, ist das kein Problem: dann bekommt einfach die DLK ebenso 2400_X_1 zugeteilt; auf diese Weise kann man es auch halbwegs vernünftig darstellen, wenn sich die Ausrüstung Staffel/Gruppe aus mehreren Fahrzeugen mit Trupp-Besetzung zusammensetzt
- den Ortsteilen ordnen wir nun die gewünschten Einheiten zu, und zwar in einer ODER Funktion, z.B. OFK_Y,(2400_X_1;2400_X_2;2400_X_3;2400_Z_1)
Endboss-Level (fiktives Anlegen von Ausrüstungen auf Ortsteilebene)
- wer bis hierhin gekommen ist, wird sich fragen, ob all der Aufwand sich lohnt und ob man nicht sobald eine Feuerwehr ein Neufahrzeug bzw. andere Ausrüstung erhält in hunderten Ortsteilen Änderungen vornehmen muss; die Antwort lautet ja und nein
- die Aspekte in den Stufen Basis und Vertiefung erfordern nachdem sie eingepflegt wurden im Normalfall keine Anpassungen mehr in den Ortsteilen, da Änderungen am Fahrzeug-/Ausrüstungsbestand lediglich auf Ebene des jeweiligen Rettungsmittels umzusetzen sind
- im Advanced-Level besteht die Gefahr durchaus, sie lässt sich aber mit einem ganz einfachen Trick umgehen: Etwaigen Änderungen am Fahrzeug-/Ausrüstungsbestand wird damit begegnet, dass sämtliche denkbaren Ausrüstungsgegenstände in den Ortsteilen einfach bereits vorab angelegt werden, ganz unabhängig davon, ob sie real existieren oder nicht; das verursacht keine Probleme, da schließlich nur dasjenige im Vorschlag auftauchen kann, was bei den in Orten und Fahrzeugen angelegt ist; wenn in den Orten also (BEL_A_1; BEL_A_2; BEL_A_3; BEL_A_4; BEL_A_5) angelegt ist, ist es erstens unschädlich wenn nur BEL_A_1 existiert und zweitens völlig unproblematisch, wenn auf Fahrzeugebene irgendwann ein BEL_A_2 hinzukommen sollte.
- und jetzt kommen wir zum absoluten Gamechanger: die Textverketten-Funktion von Excel; so lassen sich alle Einträge easy automatisch generieren, indem man sich nur noch die Mühe macht, eine Bereichsfolge zu entwickeln und einzugeben; ähnlich funktioniert das übrigens auch mit den Einheits-Einträgen bei den Fahrzeugen, eine Excel-Datenbank lohnt sich in vielerlei Hinsicht